Kein Stich: Gefahrlose Hilfe für Wildbienen
Imkerverein Gnarrenburg hört aufschlussreiches Referat von Insekten-Experte Manfred Radtke
GNARRENBURG. Naturschutzexperte Manfred Radtke aus Rotenburg hat kürzlich einen Vortrag vor den Mitgliedern des Imkerverein Gnarrenburg gehalten.
Während der Jahreshauptversammlung lieferte der Fachmann auf diesem Gebiet wertvolle Hilfe zu dem Thema „gefährdete Wildbienen“.
Radtke präsentierte viele praktische Tipps wie Gärten und Balkone so gestaltet werden können, dass sie für Wildbienen zu einer Heimat mit reich gedecktem Tisch werden. „Auch wenn Insekten nicht wie Vögel brüten, werden Quartiere für sie zu den Nisthilfen gezählt“, klärte der Rotenburger auf. Nicht Staaten bildende Wildbienen und Wespen, so genannte Solitärinsekten, benötigten Hohlräume in Holz, Stängeln, in der Erde oder in Steinen um Brutkammern anzulegen.
Wer diesen Insekten helfen wolle, müsse keine Stechattacken befürchten. Die Tiere seien harmlos und friedlich. Selbst in Terrassennähe angebrachte Nistkästen, Holunder- oder Schilfbündel stellten für den Menschen keine Gefahr dar. Radtke: „Im Gegenteil: In Ruhe kann man das Treiben beobachten, wenn die Bienen Baumaterial, Nahrung und Lehm zum Verschluss ihrer Brutröhren eintragen. Wer Platz hat, kann eine ganze Mauer mit verschiedenen Nistangeboten für mehrere Arten anlegen.“ Praktisch alle Nistkästenhersteller, führte der Experte aus, hätten Insektenhilfen im Angebot, außerdem ließen sich Nisthölzer auch mit begrenztem handwerklichen Geschick problemlos selbst herstellen.
„Haben Sie gewusst, dass die Hummel eine Wildbiene ist?“, fragte der Referent in die Runde. „Oder dass fast alle Wildbienen Einzelgänger mit gehobenen Ansprüchen an ihren Lebens- und Wohnraum sind?“
Im Anschluss erläuterte er, warum Wildbienen geschützt werden sollten. „Sie leisten neben den Honigbienen einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag mit der Bestäubung von Pflanzen und suchen verzweifelt nach günstigem Wohnraum.“
Die Folge: Über die Hälfte aller 560 Wildbienenarten Deutschlands, davon 350 in Niedersachsen, stünden auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Viele Wildbienenarten befänden sich durch die Zerstörung wichtiger Lebensräume und die fortschreitende industrielle Landwirtschaft mit ihrem Pestizideinsatz am Rand des Aussterbens.
„Die im Handel erhältlichen so genannten „lnsektenhotels“ und Nisthilfen für Wildbienen sind oft nicht oder kaum zu gebrauchen“, warnte Radtke. Denn Materialien wie Stroh, Heu. Kiefernzapfen, Holzschnitzel, Lochsteine und Gasbetonsteine seien als Nisthilfe ungeeignet und schadeten sogar eher. Geeignet seien vielmehr gebündelte Schilfhalme, Bambusröhrchen und morsches Totholz sowie aus Ton gebrannte Niststeine mit Löchern von drei bis acht Millimetern.
Wichtig sei „selbstverständlich auch der Lebensraum in der Umgebung“. Wer den Wildbienen helfen wolle, sollte auf magerem Boden Blütenwiesen mit regionalem Saatgut anlegen und als Aussaatzeitraum etwa Anfang April bis Mitte Mai wählen. „Gemäht werden sollte das erste Mal im Juli mit der Sense, wenn die Hauptblüte vorüber ist“, führte der Gast aus Rotenburg aus. Ein zweiter Schnitt könne im September oder Oktober erfolgen. (bz)
Bremervörder Zeitung, 4.3.2016